Straßenspielkultur als Grundlage


Neben der integrativen Grundausrichtung bilden vier zentrale Prinzipien das Herzstück aller Ballschulprogramme. Mit ihnen verfügt die Ballschule quasi über ein Alleinstellungsmerkmal. Die Prinzipien hat Prof. Dr. Klaus Roth 1998 mehr oder weniger „eins zu eins“ aus den charakteristischen Merkmalen der früheren Straßenspielkultur abgeleitet. Welche sind das?

  • Die Kinder haben erstens ihre Spielformen automatisch an ihren Könnens- und Entwicklungsstand angepasst
  • Das Spielen war zweitens in mehrfacher Hinsicht vielseitig, was die Spielideen, die Spielerzahlen, die Spielfelder, die vereinbarten Regeln, die Spielmaterialien und viele andere Aspekte betrifft
  • Drittens wurden Spiele gewählt, die allen Kindern Freude und Spaß bereitet haben und
  • Viertens gab es Niemanden, der ständig instruiert oder die Handlungen der Kinder korrigiert hätte

Wenn man diese Merkmale der Strassenspielkultur in die Sprache von Prinzipien übersetzt, kommt man zu den vier Leitsätzen, die die Ballschule auszeichnen. Sie bilden in Verbindung mit unseren langjährigen Praxiserfahrungen und trainingswissenschaftlichen Überlegungen in der Ballschule die Grundlage für die Beantwortung der drei klassischen Vermittlungs- bzw. W-Fragen – den Fragen nach dem Wozu?  – also nach den Zielen, dem Was? – also nach den Inhalten und dem Wie? – also nach den Methoden des Spielens und Übens in der Ballschule. Genauer betrachtet ergeben sich dabei folgende Zuordnungen: die Auswahl der Ziele folgt schwerpunktmässig den Prinzipien der Entwicklungsgemässheit und Vielseitigkeit, die Festlegung der Inhalte orientiert sich am Prinzip der Freudbetontheit und die methodische Gestaltung der Ballschulstunden am Prinzip des spielerisch-unangeleiteten Lernens.

Prinzip der Entwicklungsgemäßheit (Ziele)

Dass die Zielstellungen von Förderprogrammen – gleich welcher Art – entwicklungsgemäß festzulegen sind, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Wie sagt man so schön: Die Kinder müssen dort abgeholt werden, wo sie sind! In den Ballschulprogrammen wird berücksichtigt, welche spielerischen und motorischen Kompetenzen die Kinder gewöhnlich mitbringen, wobei eine klare Schwerpunktsetzung auf die Lernziele erfolgt, für die in der jeweiligen Altersstufe eine besonders hohe Plastizität (Lernfähigkeit, Trainierbarkeit) besteht.

Prinzip der Vielseitigkeit (Ziele)

Vielseitigkeit bedeutet in den Ballschulprogrammen nicht, dass die Kinder additiv, zeitlich nacheinander Erfahrungen in verschiedenen Sportarten bzw. Sportspielen sammeln. Das Prinzip besagt vielmehr – und das steht in erkennbarer Gedankenverwandtschaft zu der Integrativen Grundphilosophie – dass den Kindern die übergreifenden Verwandtschaftsmerkmale der Sportspiele in Form von Basiskompetenzen vermittelt werden. Mit dem Begriff Kompetenzen soll dabei zum Ausdruck gebracht werden, dass die Kinder keine konkreten sportlichen Fertigkeiten bzw. Sportspiel-Techniken erwerben und auch keine abstrakten motorischen Fähigkeiten trainieren. Die Ballschulkinder lernen stattdessen funktionale Lösungen für allgemeine, entwicklungsgerechte Spielaufgaben.

 

Prinzip der Freudbetontheit (Inhalte)

Spaß und Freude am Tun fördern die Lernbereitschaft und Lernerfolge. Bestätigende Befunde hierfür finden sich in großer Zahl in der mehr als 200-jährigen Geschichte der Motivationspsychologie. Aus dieser Forschungsrichtung ist auch bekannt, dass Freude und Lernbereitschaft dann entstehen, wenn passende Aufgaben gestellt werden. Sind die Spiel- oder Übungsaufgaben in der Ballschule zu schwer oder zu leicht, dann wird man den Kindern keine Erfolgserlebnisse vermitteln können. Im ersten Fall scheitern die Kinder, im zweiten Fall bleibt die Freude aus, weil die zu lösenden Aufgaben nicht anspruchsvoll genug waren. Das Spielen und Üben muss den Ballschulkindern also möglichst unerwartete Erfolgserlebnisse bringen. Diese führen nach neuen Erkenntnissen aus der Bewegungsneurowissenschaft zu so etwas wie einem „Baden“ im Dopamin – dem Botenstoff des Glücks.

 

Prinzip des spielerisch-unangeleiteten Lernens (Methoden)

Das Spielen in der Ballschule folgt der Formel „Probieren geht über Studieren“.  Man könnte das aus Sicht der Übungsleiter auch so ausdrücken: Reden in der Ballschule ist „Silber“ – Sicherheit, Vertrauen und herausfordernde Impulse geben ist „Gold“. Diese methodische Sichtweise gründet auf der Erkenntnis, dass Kinder sehr gut implizit lernen können. Sie handeln zunehmend situationsgerechter, einfach deshalb, weil sie unangeleitet und beiläufig vielseitige spielerische Erfahrungen sammeln. Heute wissen wir, dass das Meiste von dem, was wir Menschen uns im Laufe des Lebens aneignen, nicht explizit, sondern implizit erworben worden ist. Zudem spricht auch das Phänomen der Inattentional Blindness gegen häufige Instruktionen/Korrekturen. Vorgaben dieser Art verringern die Aufmerksamkeitsbreite und engen die Handlungsmöglichkeiten und den Ideenreichtum der Kinder ein.

Alle vier Prinzipien sind damit erklärt: In den Ballschulprogrammen wird entwicklungsgerecht, vielseitig, mit vielen unerwarteten Erfolgserlebnissen und ohne bzw. mit möglichst wenigen Instruktionen und Korrekturen gespielt und geübt.


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